Luftlinien

Sieben Stücke für Portativorgel (2024)
Kompositionsauftrag von Johannes Krutmann
(20min)

“Alles hängt an der Luft, und Klänge ziehen wie feine Linien durch den Raum.”

“Luftlinie” nennt man die kürzeste Verbindung zwischen zwei geografischen Punkten.
Auch beim Spielen eines Instruments kommt es auf die Verbindung zwischen Instrument und Spielendem an, je direkter, je unmittelbarer, desto größer die Gestaltungsmöglichkeit.

Portative stammen ursprünglich aus der Zeit des Mittelalters. Wie ein Spielzeug scheinen sie im Vergleich zu dem, was man heute als große Kirchenorgeln gewohnt ist, und haben dennoch eine einzigartige Fähigkeit: Der Spieler kontrolliert selbst den Luftzustrom beim Spielen über den Balg, auf den er sensibel Druck ausüben kann und somit Lautstärke, Ansprechverhalten und Vibrato des Tons gestalten kann. Da der Tonumfang nur gute 2 Oktaven beträgt und der Spieler nur mit einer Hand spielen kann, besteht die kompositorische Herausforderung darin, möglichst viele Facetten des Instruments zu hervorzubringen: melodisch gespielt kann es den durchdringenden Charakter einer Oboe annehmen, in akkordischen Passagen pulsiert es wie ein Akkordeon.

Das Stück wurde für DKM Johannes Krutmann und seine “Wolkenstayn”-Orgel komponiert und besteht aus sieben Sätzen, die verschiedene kompositorische Ideen verfolgen.

Dem Stück ist ein eigenes Gedicht als Motto vorangestellt:

Wär ich ein Vogel
- geboren im Himmel -
flöge ich ferner als
Menschen erträumen.

Ich aber - Mensch - mit den
Füßen am Boden:
fliege im Geiste
zu himmlischen Räumen.

“Luftlinie” (or "as the crow flies") is the shortest connection between two geographical points. When playing an instrument, the connection between the instrument and the player is very important - the more direct, the more immediate, the greater the creative possibilities for the player.

Portatives originally date back to the Middle Ages. They seem like a toy compared to the large church organs we are used to today, and yet they have a unique ability: the player himself controls the air flow when playing via the bellows, on which he can exert sensitive pressure and thus shape the volume, response and vibrato of the sound. As the range is only a good 2 octaves and the player can only play with one hand, the compositional challenge is to bring out as many facets of the instrument as possible: played melodically it can take on the penetrating character of an oboe, in chordal passages it pulsates like an accordion.

The piece was commissioned by DKM Johannes Krutmann for his "Wolkenstayn" organ and consists of seven movements.

The piece has a poem by the composer as its motto:

If I were a bird
- born in heaven -
I would fly farther
than humans dream.

But I - being human - with my
feet on the ground:
I fly in spirit
into heavenly spaces.